Ein Über­blick über die Werte der EU im Kontext von Bildung und Erzie­hung

Die Mitglieds­staaten der Euro­päi­schen Union verfügen zur Zeit (noch)1 nicht über eine einheit­liche spezi­fi­sche Politik oder über Leit­li­nien im Bereich zur ethi­schen Bildung und Werte­erziehung. Die Bedeu­tung hin zu Fort­schritten in diesem Bereich wurde gleich­wohl seitens der Euro­päi­schen Kommis­sion durch die öffent­liche “Konsul­ta­tion zur Förde­rung von sozialer Inklu­sion und gemein­samer Werte durch formales und nicht formales Lernen“2 unter­stri­chen. Im wesent­li­chen haben sich die EU-Mitglieds­staaten und die euro­päi­sche Gesell­schaft auf verbind­liche Grund­werte konzen­triert, insbesondere auf:

Diese Werte wurden im Artikel 2 des Vertrags über die Euro­päi­sche Union (EUR-Lex – 12012M/​TXT) veran­kert und werden in der Pariser Erklä­rung3 über die Förde­rung von Bürger­sinn und der gemein­samen Werte Frei­heit, Tole­ranz und Nicht­dis­kri­mi­nie­rung durch Bildung als Schlüs­sel­werte – auch für den Bildungs­be­reich – bekräf­tigt.

(Zusam­men­fas­sender Auszug aus den v.g. Doku­menten der Euro­päi­schen Union)

“Diese Werte sind allen Mitglied­staaten in einer Gesell­schaft gemeinsam, die sich durch Plura­lismus, Nicht­dis­kri­mi­nie­rung, Tole­ranz, Gerech­tig­keit, Soli­da­rität und die Gleich­heit von Frauen und Männern auszeichnet. … Wir rufen daher zu erneuten Anstren­gungen auf, die Lehre und Akzep­tanz dieser gemein­samen Grund­werte zu stärken und die Grund­lagen für eine stärker inte­gra­tive Gesell­schaft durch Bildung zu schaffen – und zwar begin­nend von einem frühen Alter an. Der vorran­gige Zweck von Erzie­hung und Bildung ist, nicht nur Wissen, Fähig­keiten, Kompe­tenzen und Einstel­lungen zu entwickeln und Grund­werte zu veran­kern, sondern insbesondere auch den jüngeren Menschen – in enger Zusam­men­ar­beit mit den Eltern und Fami­lien – zu helfen, aktive, verant­wor­tungs­be­wusste und aufge­schlos­sene Mitglieder von Gesell­schaften zu werden.”

Darüber hinaus ist in mehreren Stra­te­gie­pa­pieren der Euro­päi­schen Union der Zusam­men­hang zwischen Erzie­hung, Bildung und von Werten betont worden. Auch im stra­te­gi­schen Rahmen für die euro­päi­sche Zusam­men­ar­beit auf dem Gebiet der allge­meinen und beruf­li­chen Bildung („Educa­tion and Trai­ning 2020”; kurz „ET 2020”) heißt es im dritten Abschnitt zur Förde­rung der Gerech­tig­keit, des sozialen Zusam­men­halts und des aktiven Bürger­sinns, dass die Bildung und das Lernen zur “Förde­rung des weiteren Lernens, der aktiven Bürger­schaft und des inter­kul­tu­rellen Dialogs” wie auch zu den “inter­kul­tu­rellen Kompe­tenzen, demo­kra­ti­schen Werten und zur Achtung der Grund­rechte” beitragen sollen. Ein grund­sätz­li­ches Problem besteht jedoch bereits darin, dass es keine spezi­fi­schen Ziel­vor­gaben für diesen prio­ri­tären Bereich gibt – wie es beispiels­weise in anderen stra­te­gi­schen Berei­chen bereits der Fall ist. Auf diese Lücke, hat der ETHIKA Part­ner­ver­bund im Posi­ti­ons­pa­pier explizit hinge­wiesen.

Ein größerer Zusam­men­hang, zu den Werten im euro­päi­schen Bildungs­wesen, wurde von den Leit­ge­danken und Doku­menten inter­na­tio­naler Orga­ni­sa­tionen, allen voran die Vereinten Nationen und dem Euro­parat, geprägt. Die „Allge­meine Erklä­rung der Menschen­rechte“ (A/​RES/​217 der Vereinten Nationen) konzen­triert sich auf die ange­bo­rene Würde jedes Einzelnen als Trägerin und Träger gleich­be­rech­tigter und unver­äu­ßer­li­cher Rechte und auf die Wert­grund­lage von Frei­heit, Gerech­tig­keit und Frieden in der Welt. Auch die Bemü­hungen der UNESCO im Bildungs­be­reich sind bezüg­lich gemeinsam ange­strebter Werte hervor­zu­heben. Die Arbeiten der recht­lich selbst­stän­digen Sonder­or­ga­ni­sa­tionen der Vereinten Nationen, baut auf die Bildung für Frieden, die Frie­dens­er­zie­hung und die Kultur des Frie­dens und der Gewalt­lo­sig­keit auf und beschreibt Ziele zur Nach­hal­tig­keit und Verant­wor­tung gegen­über dem Planeten Erde.

Der Euro­parat betont Demo­kratie, Menschen­rechte und Rechts­staat­lich­keit als zentrale Werte. Er formu­lierte zudem mehrere wich­tige poli­ti­sche Stra­te­gie­pa­piere zur Bildung sowie pädago­gi­sche Richtlinien und Mate­ria­lien, die eine aktive, demo­kra­ti­sche Bürger­schaft, Menschen­rechte und andere Werte fördern sowie Vorur­teile, Hass­reden, Gewalt usw. bekämpfen sollen. All dies beruht auf der Erkenntnis der Inter­de­pen­denz und der Tatsache, dass die Rolle von Bildung bei der Vermitt­lung und Förde­rung gemein­samer Werte ange­sichts der zuneh­menden Viel­fäl­tig­keit der euro­päi­schen Gesell­schaft wich­tiger denn je ist.

Die Forde­rung nach einer umfas­sen­deren Poli­tik­ge­stal­tung und einer Reihe wirk­samer Durch­füh­rungs­maß­nahmen ist nicht nur auf der Grund­lage der allge­meinen poli­ti­schen Arbeit und der vorge­nannten Doku­mente gerecht­fer­tigt, sondern auch aus der Sicht der pädago­gi­schen Fach- und Lehr­kräfte und ihrer Stimme bei der Poli­tik­ent­wick­lung. Zum Beispiel das „Euro­päi­sche Gewerk­schafts­ko­mitee für Bildung und Wissen­schaft“ (ETUCE – Euro­pean Trade Union for Educa­tion) stellt fest, dass zu seinen Grund­werten die Verpflich­tung gehört, dass “alle Lehrer und Lehre­rinnen während ihrer gesamten Lauf­bahn Zugang zu einer inte­grierten, quali­tativ hoch­wer­tigen Erst­aus­bil­dung, einer quali­tativ hoch­wer­tigen Einar­bei­tung und einer konti­nu­ier­li­chen beruf­li­chen Entwicklung haben sollten”. Sie entscheiden sich auch für die Frie­dens­bil­dung (UNESCO), da sie sich der “Förde­rung gemein­samer Werte wie Frieden, gegen­sei­tiger Respekt, Soli­da­rität und Demo­kratie in der Erzie­hung” verpflichtet fühlen, und betonen weiter, dass die Lehr­kräfte in der Lage sein sollten, Kennt­nisse und Fähig­keiten für eine solche Erzie­hung zu erlangen, und dass dies eine effek­tive beruf­liche Entwicklung voraus­setzt. Dies ist von entschei­dender Bedeu­tung, da Lehr­kräfte einen enormen Einfluss auf die Lernenden haben. Insbesondere die Erst­aus­bil­dungs­pro­gramme von pädago­gi­schen Fach- und Lehr­kräften sind dafür verant­wort­lich, künf­tige Lehr­kräfte darauf vorzu­be­reiten, sinn­volles und enga­giertes Lernen zu fördern.

(Ein Beitrag aus der Publi­ka­tion “Ethische Bildung und Werte­erziehung – Posi­ti­ons­pa­pier”)